Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes fasziniert. Seit 1920 ist es fester Bestandteil der Salzburger Festspiele, die Hugo von Hofmannsthal mitbegründete.
Macht und Verschwendung, maßloser Genuss und rauschende Feste: Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ ist ein Egoist wie er im Buche steht. Für Arme oder Untergebene zeigt der Hartherzige kein Erbarmen. Bis plötzlich der Tod vor dem Lebemann steht und ihn vor den Richtstuhl Gottes zitiert.
Die Parabel „vom Sterben des reichen Mannes“ gehört zu jenen Stoffen, die seit Jahrhunderten die Phantasie der Menschen beflügeln und in mannigfaltigen Variationen auf der Bühne erzählt werden. Zeitlos gültig, existenziell berührend vollzieht sich die moralische Läuterung des Unholds. Zugleich ist sie Motor für bildsattes, lustvolles, hoch turbulentes Volkstheater. Ein willkommener Anlass für Schauspieler, Kostüm- und Bühnenbildner, einmal alle Register zu ziehen.
Bereits viermal wurde das Stück in seiner Bayrischen Fassung von Oskar Weber von den Neubeurern aufgeführt, letztmals 2014 im Ehrenhof von Schloss Herrenchiemsee, dreimal davor in Neubeuern, wo Hugo von Hofmannsthal häufig zu Gast war. Er gehörte zu einer Gruppe von Künstlern und Dichtern, für die Schloß Neubeuern zeitweise eine zweite Heimat war. Gastgeberin auf Schloß Neubeuern war Ottonie Gräfin Degenfeld-Schonburg, die mit Hugo von Hofmannstahl in regem Briefwechsel stand.
Die Tochter von Ottonie Degenfeld-Schonburg, Marie Therese Miller Gräfin Degenfeld, verfolgte die ersten Neubeurer Inszenierungen mit großem Interesse. Sie, die Hofmannsthal noch persönlich gekannt hatte, sprach der volksnahen Fassung großes Lob aus. Der lebensnahe Neubeurer Jedermann habe sie mehr bewegt, als andere, ihrer Meinung nach zu sehr verkünstelten Aufführungen. Marie Therese Miller Gräfin Degenfeld verstarb im Februar 2005.
Seit den ersten Jedermann-Aufführungen in Neubeuern sind nun 30 Jahre vergangen. Im Juli 2018 wird der bayrische Jedermann der Neubeurer an einem der stimmungsvollsten Orte Münchens wieder gespielt: Der Brunnenhof der Residenz wird zum „Jedermann“-Schauplatz mit über 150 Darstellern, Live-Musikern, Tänzern und dem klassischen Text in bayrischer Mundart.
Es findet kein pompöses Staatsschauspiel vor erlauchten Festspielgästen statt – hier steht ein ganzes Dorf auf der Bühne mit Figuren, die so gegenwärtig und vertraut sind, wie die Spieler selber. Dieser Jedermann ist keine Kunstfigur, er ist Freund und Nachbar, Schuster, Goldschmied oder Bäckermeister. Nur im Volksschauspiel ist diese Einheit immer noch gegeben, nur hier hat der Jedermann noch eine Chance, mehr zu sein, als eine fromme Inszenierung.
Die Neubeurer haben schon mehrfach diese Möglichkeit genutzt und einen Jedermann gezeigt, der beides war: Gemeinschaftsereignis und echtes Komödiantentum. Die beliebte Adaption kreierte in den 1980er Jahren der damals in München lebende Salzburger Oskar Weber. Das Ensemble sorgt mit einer aufwändigen Inszenierung, viel Sprachwitz und voralpenländischer Lebensart für ein authentisch-bayrisches Theaterspektakel.